ESG = Nachhaltigkeit oder eher ESG = Greenwashing?

In vielen Diskussionen taucht immer wieder die Frage auf, was genau mit Nachhaltigkeit und ESG gemeint ist. Oft werden diese dann auch synonym verwendet. In diesem Beitrag möchten wir versuchen, etwas Klarheit über diese beiden Begriffe zu schaffen und aufzuzeigen, warum ESG-Label auch Greenwashing sein können.

Geschrieben von: Marc Böhlen | 11.08.2022

ESG ist ein Rahmen, der externen Stakeholdern hilft, die Leistung und das Risiko eines Unternehmens zu bewerten und basiert auf Standards, die von Gesetzgebern, Investoren und/oder ESG-Berichtsorganisationen (z. B. der Global Reporting Initiative GRI oder der Task Force on Climate-Related Financial Disclosure TCFD usw.) festgelegt werden. Nachhaltigkeitsstandards - obwohl auch von Standardisierungsgruppen wie dem GHG Protocol festgelegt - sind eher wissenschaftlich fundiert und standardisiert. Es gibt Dutzende verschiedener Rahmen zur Messung von ESG, wohingegen Kohlenstoffäquivalente (CO2e) Kohlenstoffäquivalente sind und wir nicht zu kreativ mit Natur und Physik werden müssen. Ein Fokus auf mehr Nachhaltigkeit stellt somit einen Rahmen für die interne Entscheidungsfindung dar (z. B. die Elektrifizierung einer Fahrzeugflotte oder Ausrichtung auf ein neues zirkuläres Geschäftsmodell).

Das Gesamtrisiko- und Wesentlichkeitsprofil von ESG ist ein wichtiger Unterschied zur Nachhaltigkeit. Ein Unternehmen kann zum Beispiel eine völlig kohlenstoffneutrale, abfallfreie Produktionsanlage betreiben, aber wenn die Arbeit in dieser Anlage aus Sicht der Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz sehr gefährlich ist, erfüllt das Unternehmen seine ESG-Verpflichtungen nicht, auch wenn es auf dem Papier ökologische Nachhaltigkeit erreicht hat. Dies wurde Tesla kürzlich zum Verhängnis, als das Unternehmen aus dem S&P 500 ESG-Index ausgeschlossen wurde, weil es Probleme mit der Unternehmensführung und - je nach Quelle - mit sozialen Aspekten hatte. Das hat bekanntlich zu grossen Diskussionen rund um das Thema Nachhaltigkeit geführt. Dass Tesla nicht mehr in diesem Index ist, dafür aber zur Verwunderung vieler der Ölkonzern Exxon Mobil, hat damit zu tun, dass dieses Unternehmen eine sehr detaillierte, gründliche ESG-Berichterstattung hat und die ausgesuchten Rahmenkriterien erfüllt. Die Tatsache, dass sein Geschäftsmodell nach wie vor schlecht für die Umwelt und daher nicht nachhaltig ist, kann jedoch nicht von der Hand gewiesen werden.

Der einfachste Weg, ESG im Vergleich zur Nachhaltigkeit zu betrachten, ist der Unterschied in der Betrachtungsweise der Auswirkungen: Bei ESG geht es darum, wie sich die (Um)Welt auf ein Unternehmen oder eine Investition auswirkt und dies von Aussen bewertet wird, während sich Nachhaltigkeit darauf konzentriert, wie ein Unternehmen oder eine Investition die Welt beeinflusst.


Nur weil etwas ein ESG-Label trägt, heisst das nicht, dass es zwingend nachhaltig ist. Wie bei vielen Dingen im Leben gilt auch hier für uns alle: Genau hinschauen, recherchieren und eine eigene Beurteilung vornehmen. Es braucht die Diskussionen und Rahmenwerke um ESG unbedingt für eine Basis zum notwendigen Wandel. Es ist aus unserer Sicht in dieser Beurteilung aber dann auch wichtig, sich auf die tatsächlichen Auswirkungen auf unsere Umwelt zu konzentrieren und Unternehmen zu unterstützen, die sich regenerative Ziele gesetzt haben. Mehr dazu im nächsten Beitrag.


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