Von Carbon Offsetting hin zu Carbon Insetting

Der Markt für freiwillige Klimaschutzmassnahmen boomt. Nachdem wir in unserem letzten Beitrag die Herausforderungen des freiwilligen CO2e-Zertifkatmarktes erläutert haben und auf die Gefahr des Greenwashings durch Offsets sowie die Irreführung der Konsument:innen hingewiesen habe, erklären wir in diesem Beitrag die Kompensation durch das Pflanzen von Bäumen provokativ für "out". Unternehmen sollten sich nur noch auf das "Insetting" von Emissionen fokussieren. Das bedeutet, nachhaltige Emissionsminderungen in der gesamten Wertschöpfungskette zu erreichen und in ein resilientes und regeneratives Ökosystem zu investieren. Carbon Insets als Modellansatz befinden sich noch in der Entwicklungsphase. Sie haben jedoch das Potenzial, ein wichtiges Element der globalen Bewegung zur Dekarbonisierung zu sein.

Geschrieben von: Marc Böhlen | 10.12.2022

Was ist Carbon Insetting in der Theorie?
Die anspruchsvolle Netto-Null-Strategie 2050 des Pariser Klimaabkommens von 2015 fordert von Unternehmen eine Dekarbonisierungsstrategie, die zunächst die Emissionen reduzieren und dann die unvermeidbaren Emissionen ausgleichen soll. Was zwischen diesen beiden Massnahmen liegt, ist das sogenannte Carbon Insetting. Dabei geht es darum, innerhalb der eigenen Wertschöpfungskette Massnahmen zur Minderung der Klimakrise zu ergreifen - also das Problem an der Wurzel zu packen. Konkret bedeutet Carbon Insetting die gezielte Reduktion von Scope-3-Emissionen innerhalb der eigenen Lieferkette, indem Probleme und Herausforderungen bei emissionsintensiven Produktionsschritten identifiziert und geeignete Lösungen gesucht und mitfinanziert werden. So können Gelder, die beim Offsetting für die Finanzierung von Aufforstungen oder den Bau von Solarparks verwendet werden, beim Insetting direkt in Projekten der Wertschöpfungskette eingesetzt werden, um nachhaltigere Produktionskapazitäten aufzubauen (z. B. bei der Beschaffung von recycelten Rohstoffen oder der Ausweitung regenerativeren, landwirtschaftlicher Praktiken usw.). Dies hat den grossen Vorteil, dass es direkte Auswirkungen hat und die Wertschöpfungskette des gesamten Unternehmens zukunftssicher und resilienter macht. In diesem Sinne sorgen Carbon Insets dafür, dass Unternehmen die direkte Verantwortung für die Emissionen in ihrer eigenen Lieferkette übernehmen. Sie tragen auch dazu bei, nachhaltige Managementpraktiken direkt an der Quelle zu verbessern.

Vereinfacht ausgedrückt geht es beim Carbon Insetting darum, innerhalb der eigenen Wertschöpfungskette mehr Gutes zu tun als weniger Schlechtes.

Einige Insetting-Aktivitäten verbessern auch die Lebensbedingungen der einheimischen Bevölkerung. So hat beispielsweise Nespresso Coffee im Rahmen seiner Insetting-Strategie in Zusammenarbeit mit den Lieferanten der Kaffeebohnen eine regenerative Landwirtschaft eingeführt. Kaffeeplantagen gedeihen besser, wenn sie im Schatten wachsen. Deshalb hat das Unternehmen in die Anpflanzung von Bäumen und Palmen auf seinen Kaffeefarmen und in der umliegenden Landschaft investiert. Diese Initiative reguliert nicht nur das Ökosystem, indem sie Wasser speichert, den Boden schont und Kohlenstoff bindet, sondern bietet den Bauern auch neue Einkommensmöglichkeiten durch den Verkauf von Früchten und Holz.

Und so schliesst sich der Kreis zu der einleitenden provokanten Aussage, dass Bäume pflanzen out ist. Es ist sinnvoll, u.a. weiterhin viele CO2-bindende Bäume zu pflanzen, aber in einer ganzheitlichen Strategie, die sich direkt auf den Betrieb und die Wertschöpfungskette auswirkt und nicht in willkürlich finanzierten Projekten, wie es bei Offsets oft der Fall ist.

Quellen: Text basierend auf der Homepage der International Platform von Insetting (https://www.insettingplatform.com/) und einer Case Study von Nestlé (https://www.sustainability.nespresso.com/insetting-a-viable-way-forward)

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