Blockchain als Lösung für Netto-Null?

Zwei der zentralsten Fragen unserer Zeit sind heute mehr denn je: Wie können wir das ambitionierte Ziel von «Netto-Null»-Treibhausgasemissionen bis 2050 oder früher erreichen? Und wie können wir den Auswirkungen des Klimawandels auf die Menschen bestmöglich begegnen? Eine innovative Antwort könnte hierzu die Blockchain-Technologie bieten. Um zu verstehen warum, müssen wir zuerst zwei fundamentale Herausforderungen betrachten.

Geschrieben von: Marc Böhlen | 11.08.2022

Länder- sowie regionalspezifische Herausforderung

Zwar haben viele Regierungen Umweltvorschriften und sogenannte Emissionshandelssysteme eingeführt, welche Anreize schaffen sollen die Emissionen zu reduzieren und eine nachhaltige Entwicklung zu fördern. Diese sind aber oftmals sehr anfällig auf betrügerische Aktivitäten und Greenwashing. Zum Beispiel können Forstbetriebe in Indonesien zuerst grosse Teile eines Regenwaldes abholzen, um anschliessend für die Aufforstung mittels Emissionszertifikaten Geld zu verdienen. Durch fehlende Transparenz und ungenügende Kontrollsysteme ist dies meist nicht vollständig nachvollziehbar. Zudem ist es für grosse Treibhausgasemittenten heute oftmals günstiger, Zertifikate mit vermeintlichem Impact zu erwerben, anstatt sich der Transformation der Unternehmung hin zu Netto-Null anzunehmen [1].

Unternehmensspezifische Herausforderung

Auf Unternehmensebene ist die Umwelt-, Sozial- und Governance-Berichterstattung (ESG) für viele grosse Unternehmen von entscheidender Bedeutung, aber die Berichterstattung enthält in der Regel intransparente, fragwürdige und schwer nachvollziehbare Daten. Wie in etwa in diesem LinkedIn-Artikel (EN) dargestellt wird.

Für diese äusserst komplexe Problemstellung zur Schaffung von mehr Transparenz in der Berichterstattung, sowie der klareren Rückverfolgbarkeit von Treibhausgasemissionen könnte die Blockchain-Technologie ein wertvolles Instrument darstellen. Unternehmen könnten dank Smart Contracts auf genauere, verlässlichere, standardisierte und leicht zugänglichere Daten über ihre Treibhausgas-Emissionen verfügen und so eine klar verifizierbare Rechenschaft ablegen.
Mit der Anwendung von Blockchain ist es für Unternehmen auch unwahrscheinlicher, Emissionsbetrug (z.B. mittels Greenwashing durch Zertifikate) zu begehen, da Regierungen diese auf Unternehmensebene in Echtzeit verfolgen können. Blockchain kann den Akteuren auch dabei helfen, den Netzwerkeffekt zu nutzen und individuelle Anstrengungen in Netzwerkanstrengungen umzuwandeln, die Innovationen zur Bekämpfung der Auswirkungen des Klimawandels vorantreiben könnten - und damit zu einer nachhaltigen Entwicklung führen.

Doch bei ebendiesen Auswirkungen kommt noch eine weitere Herausforderung hinzu:

Bevölkerungsspezifische Herausforderung

Zerstörerische Naturkatastrophen häufen sich aufgrund der anhaltenden Erwärmung der Erde und hat auf immer mehr Menschen einen existenzbedrohenden Impact. Die Folgen angemessen anzugehen ist eine umso umfassendere Herausforderung und sorgt vielfach für noch mehr Ungleichheit. Insbesondere die ärmeren Gebiete der Welt sind sehr stark davon betroffen. Doch auch hier könnte die Blockchain-Technologie eine mögliche Antwort sein, wie das folgende Best Practice Beispiel aus Asien zeigt. Eine Innovation zur Eindämmung des Klimawandels, die Hunderten von Millionen Menschen helfen könnte, die Folgen von tropischen Stürmen zu mildern:

Blockchain-basierte Versicherung für den Klimaschutz

In Schwellenländern leiden die Menschen oft unter Tropenstürmen ohne angemessenen Versicherungsschutz, und selbst für diejenigen, die versichert sind, werden viele Versicherungsansprüche abgelehnt, wenn der Schaden durch eine Naturkatastrophe verursacht wurde. Ein von Hillridge Technology geleitetes Projekt wurde kürzlich von der NEAR Foundation, einer der weltweit grössten Blockchain-Stiftungen, mit 200.000 US-Dollar gefördert [2].

Das Projekt stellt eine wetterbasierte Technologie bereit, die den Versicherungsschutz und die Qualität der Versicherung für Landwirte und andere Personen verbessert und weit über die derzeitige Ernte- oder Viehversicherung hinausgeht. Die Technologie nutzt ein globales Wetterprognosesystem und kombiniert diese mit Smart Contracts für die Abwicklung von Versicherungsansprüchen. Die Prämie basiert auf dem kurzfristigen Risiko eines Unwetters und ist auf den Versicherten zugeschnitten. Die Technologie des Unternehmens scannt kontinuierlich das Wetter, und wenn ein Wetterauslöser auftritt, wird die Zahlung gemäss der Police des Versicherten abgewickelt. Auf diese Weise erfolgt die Zahlung innerhalb von Wochen - nicht Monaten - und die Technologie übernimmt die Schadensabwicklung für die Unternehmung.

Die Plattform wird derzeit in Vietnam erprobt, wo in den vergangenen Jahren etwa 7 Millionen Menschen von Taifunen betroffen waren. Die Taifune verursachten im Jahr 2020 Schäden in Höhe von ca. 1,3 Milliarden US-Dollar.

[1] https://www.nbcnews.com/news/world/corporations-are-turning-forest-credits-race-go-carbon-neutral-advocat-rcna7259
[2] https://www.hillridge.com.au/blog-1/1/11/2021/partnership-with-near-foundation#:~:text=Hillridge%2C%20a%20software%20start%2Dup,piloted%20on%20typhoons%20in%20Vietnam

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