Warum eine interne CO2e-Abgabe den langfristigen Erfolg sichert

Da die Risiken und Auswirkungen des Klimawandels immer offensichtlicher werden und die Notwendigkeit, für CO2e-Emissionen zu zahlen, zu einem Teil der Geschäftskosten wird, versuchen immer mehr Organisationen und Regierungen, einen Preis für CO2e zu erheben. Und weil politische Mühlen bekannterweise nur langsam mahlen, kümmern sich fortschrittliche und innovative Unternehmen zunehmend selbst um die Erhebung eines solchen Preises. Hier kommt der sogenannte interner Preis für CO2e ins Spiel.

Geschrieben von: Marc Böhlen | 17.09.2022

Ein ausschlaggebender Erfolgsfaktor für die Zukunft des Wirtschaftsstandortes Schweiz wird die Schnelligkeit dessen Dekarbonisierung sein. Und zwar sämtlicher Scopes und des ganzen Einflussbereiches unserer Wirtschaft (inkl. und insbesondere der Finanzindustrie). Eine McKinsey-Schätzung geht davon aus, dass durch zunehmend stringentere Umweltregulierungen und sich ändernder gesellschaftlicher Präferenzen 30 bis 50% der heutigen Erträge von Unternehmen gefährdet sind. Umgekehrt profitieren die Unternehmen, die sich engagieren, davon.

Doch wie lässt sich dieses Problem aus Sicht der Unternehmensführung angesichts fehlender politischer Massnahmen am besten angehen?

Da die Risiken und Auswirkungen des Klimawandels immer offensichtlicher werden und die Notwendigkeit, für CO2e-Emissionen zu zahlen, zu einem Teil der Geschäftskosten wird, versuchen immer mehr Organisationen und Regierungen, einen Preis für CO2e zu erheben. Und weil politische Mühlen bekannterweise nur langsam mahlen, kümmern sich fortschrittliche und innovative Unternehmen zunehmend selbst um die Erhebung eines solchen Preises. Hier kommt der sogenannte interner Preis für CO2e ins Spiel.

Ein interner, impliziter oder Schattenpreis für CO2e schafft (theoretische) Kosten pro Tonne CO2e. Er wird verwendet, um die potenziellen Auswirkungen einer externen CO2e-Preisgestaltung oder schlicht der drohenden Realkosten der Klimakrise auf die Rentabilität eines Projekts, eines neuen Geschäftsmodells oder einer Investition besser zu verstehen. Wenn Emissionen mit Kosten verbunden sind, hilft dies, Ineffizienzen aufzudecken und Anreize für CO2e-arme Innovationen zu schaffen, die die CO2e-Belastung des Unternehmens reduzieren oder schlicht um höhere Erträge zu erzielen. Die Verwendung eines internen Preises für CO2e kann Unternehmen zudem dabei helfen, Investor:innen und Kund:innen zu zeigen, dass sie sich des Risikos in Bezug auf zukünftige Vorschriften/Auswirkungen bewusst sind und dass das zukünftige Geschäft mit den gesteckten Klimazielen vereinbar ist. Interne Preise für CO2e gibt es im Allgemeinen in drei Formen:

  • Eine interne CO2e-Abgabe ist ein Geldwert pro Tonne CO2e-Emissionen, der innerhalb des Unternehmens leicht verständlich ist. Die Abgabe schafft einen internen Einnahme- oder Investitionsstrom zur Finanzierung der Emissionsreduktionsbemühungen des Unternehmens.
  • Ein Schattenpreis für CO2e ist ein theoretischer Preis, der die langfristige Unternehmensplanung und Investitionsstrategien unterstützen kann. Dies hilft dem Unternehmen, Prioritäten für CO2e-arme Investitionen zu setzen und sich auf künftige Vorschriften vorzubereiten.
  • Ein impliziter CO2e-Preis basiert darauf, wie viel ein Unternehmen ausgibt, um die Treibhausgasemissionen zu reduzieren und/oder die Kosten für die Einhaltung der staatlichen Vorschriften zu senken. Dabei kann es sich beispielsweise um den Betrag handeln, den ein Unternehmen für den Kauf erneuerbarer Energien ausgibt. Es hilft Unternehmen, diese Kosten zu ermitteln und um ihren CO2e-Fussabdruck zu verstehen. Für einige Unternehmen kann ein impliziter CO2e-Preis als Benchmark dienen, bevor ein internes CO2e-Abgabeprogramm formell eingeführt wird.
Um zusätzlichen Aufwand zu vermeiden, sollte die Berechnung des internen CO2e-Preises in die Werkzeuge und Informationssysteme integriert werden, auf denen diese Prozesse beruhen. Idealerweise ist die CO2e-Bepreisung in das Energiemanagement, das Controlling, das Projektmanagement und sogar in das Investitionsmanagement integriert.

Und wie hoch sollte jetzt ein solcher Preis sein?

In der Abbildung zu den Reduktionskosten aus einer McKinsey Studie [1] ist ein Spannbreite bei 110 und 160 Euro pro Tonne CO2e zu erkennen. Bei einem CO2e-Preis von beispielsweise 150 Euro pro Tonne CO2e liegt rund 90 Prozent des Reduktionspotenzials im Bereich der wirtschaftlichen Tragfähigkeit. Die aktuelle CO2-Abgabe in der Schweiz beträgt CHF 120 pro Tonne (siehe Link), was somit auch für die (CH-domizilierten) Unternehmen als aktuell realistischer interner Preis angesehen werden kann. Betrachtet man internationale Vergleiche, sind wir in der Schweiz preislich bereits weit vorne. Eine weitere Verschärfung birgt die Gefahr, dass international tätige Unternehmen ihre CO2e-intensiven Aktivitäten in Länder verlagern, in denen es keinen CO2e-Preis gibt, weil sie dort (noch) nicht für die Umweltverschmutzung bezahlen müssen. Dies könnte selbst dann passieren, wenn der vom Internationalen Währungsfonds (IWF) vorgeschlagene gleitende Preis angewendet würde [2]: Länder mit hohem Durchschnittseinkommen müssten einen Preis von 75 Dollar pro Tonne verlangen. Unternehmen in Ländern mit mittlerem Einkommen einen Preis von 50 Dollar pro Tonne und in Ländern mit niedrigem Einkommen sollte der CO2e-Preis auf 25 Dollar pro Tonne festgesetzt werden. Wie hoch der Realpreis einer tCO2e in der Zukunft sein wird, hängt ganz von den Auswirkungen des Klimawandels ab. Grundsätzlich lässt sich jedoch zusammenfassen, dass jede Unternehmung gut beraten ist, einen internen CO2e-Preis einzuführen, um wie eingangs erwähnt die Dekarbonisierung schnell voranzutreiben und damit den Grundstein für den zukünftigen Markterfolg zu legen.

Abbildung aus der McKinsey-Studie: Klimastandort Schweiz, Juli 2022

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